Im August 2010 fuhren Amon, Tonda, Tomas und ich mit unserem 13 Jahre alten Opel Frontera,
zum 500 km entfernten Tai Nationalpark, um dann zu Fuß die Schönheiten des Urwaldes und seine
Tierwelt aus nächster Nähe bewundern zu können.
Die Route:
Abidjan - Grand-Lahou 120km - Sassandra 149km -San-Pedro 78km - Boubele 85km - Tabou 23km
Übernachtung dann nach Grabo 68km Piste grob - Djiroutou sehr grobe Piste km62 Ziel 2Übernachtungen
zurück Grand Beribi 190km Übernachtung - Abidjan 300km Gesamt km 975
Vorbereitung
Tomas aus Tschechien, der hier in Abidjan eine Fensterbaufirma betreibt, hat uns Kontakt zu Frau Dr.
Herbinger geschaffen, die das Projekt Tai-Nationalpark leitet. Nach 2Telefongesprächen mit ihr, sagte sie
uns zu, für eine Unterkunft zu sorgen. Sie kommt aus der Frankfurter Gegend und ist mit einem Abidjaner
zusammen, hat einen 5jährigen Sohn und sorgt dafür, dass Spendengelder für den Nationalpark auch
ordnungsgemäß verwendet werden. Vorweggenommen hatten wir im Nationalpark nicht den Eindruck, dass
das hier geschieht. Frau Dr. Herbinger soll also vor 2 Jahren das letzte Mal den Park besucht haben und
kennen tut sie dort sowieso niemand.
Wir waren aber guter Dinge, als wir dann endlich aufbrachen. Totale Organisation und geführte Touren
sind sowieso nicht mein Ding.
Die Reise
Tomas hatte an dem Morgen noch einiges zu organisieren, aber gegen 10 Uhr waren wir dann aufbruchbereit.
Wir verließen Abidjan westwärts, fuhren vorbei an dem Urlaubsdomizil Jaquville. Dort hatten wir 2 Jahre zuvor
ein paar Tage verbracht, sahen uns auch nach einem Grundstück um, aber Jaquvilles hat einen großen
Nachteil, dass es vom Atlantik geschluckt wird. Pro Jahr nimmt dieser ca. 5 Meter Land weg, und Steinruinen
am Strand sind Zeugen dafür, das waren noch vor ein paar Jahren bewohnte Häuser. Auch Dabou lassen wir
hinter uns und kommen in ein Gebiet, in dem Kautschuk gewonnen wird, und aus dem wird dann der Gummi
produziert, auf dem unsere Autos dann geräuschlos dahingleiten, wenn man sich nicht gerade auf der
Straße in Richtung Sassadra bewegt. Tomas und ich sahen uns das klebrige Grundprodukt mal genauer an.
In den Orten zwischen Grand Lahou und Sassandra boten uns überall Händler Obst, Gemüse und
Meeresfrüchte an.
An Sassandra und San Pedro fuhren wir vorbei, wir wollten ja an diesem Tag noch Tabou erreichen. Das
verschaffte uns noch die Zeit, dass wir Boubele einen Besuch abstatten konnten. Boubele war vor dem Krieg,
2000 bis 2005, ein Urlaubsparadies karibischer Natur. Wir konnten das leider nicht mehr erkennen, es hat sich
zurückentwickelt in ein kleines Fischerdorf. Der Bürgermeister sah in uns gleich die großen weißen Investoren
und bot uns gleich kostenlos Land an, wenn wir ein Hotel bauen wollten. Da wir diese Absicht nicht hatten,
war er schon einwenig enttäuscht. Aber hier ist ein wunderschöner Fleck der Erde, der für ein paar Jahre
Ruhe und Abstinenz garantieren würde.
Es war nicht mehr weit bis Taboü, das wir bei Anbruch der Dunkelheit erreichten. Die Quartiersuche war
leicht, es gab eigentlich nur die eine Unterkunft. Schon beim Essen wurden wir von unzähligen Moskitos
heimgesucht und Amon zog es vor im Auto zu schlafen, da es in unseren einfachen Zimmern davon
wimmelte. Wir überlebten trotzdem die Nacht und starteten sehr früh.
An einem Imbiss stärkten wir uns mit ein paar Spiegeleiern, um dann zu unserem Ziel, demTai Nationalpark,
aufzubrechen. An einer, von vielen Palmschnapsbrennereien machten wir halt und sahen uns die Prozedur
mal genauer an. Wir Männer probierten den hochdestilierten Schnaps, während Amon sich an den süßen
Palmwein ergötzte. Promille werden in der Elfenbeinküste eigentlich nicht kontrolliert.
Es wurde bergiger und die Landschaft abwechslungsreicher. Wir überquerten Flüsse, in denen sich sicherlich
auch harmlose Krokodile aufhielten.
Und weiter ging es nordwärts. Unser alter Frontera fühlte sich in seinem Element.
Am Wegesrand tauchten immer wieder Ungetüme (so sehen es jedenfalls die Einheimischen) in Form von
deutschen Entwicklungshilfen, auf. Neu, aber überwuchert von Grünzeug, da niemand damit was anfangen
kann. Afrikaner machen alles lieber mit HANDarbeit, solange es ihnen niemand beibringt, eine Maschine
(Ungetüm) zu betätigen und ihnen den gewaltigen Vorteill dieses Vehicels erklärt.
Einen Arztbesuch hatten wir nicht nötig, auf diesem Plakat ist beschrieben, was so die Behandlungsmethoden
und Praktiken eines Arztes beinhalten.
Als wir dann einen Reifenschaden hatten, konnten wir das Fahrzeug (WOLOWOLO) besichtigen, mit
dem wir bei Ausfall unseres Fronteras zurückfahren müssten. Hier ahnten wir noch nicht, wie nahe wir
noch an diese Situation kommen würden.
Wir befnden uns nahe an Liberia, wie uns immer wieder erklärt wurde, sind wir hier in einem Rebellengebiet,
wir sehen aber weit und breit nur freundliche, hilfsbereite Menschen.
Und dann war das Ziel vor uns. Wir suchten nach einem kompetenten Ansprechpartner, dem Leiter des
Parkes, der uns unser Übernachtungsquartier zeigen sollte. Doch keine Spur von ihm. Außerdem
wurde uns mitgeteilt, dass es hier keine Quartiere gibt, da der Park ja erst aufgebaut wird, im Augenblick
wäre er noch geschlossen. Nun war guter Rat teuer.
Wir beratschlagten, es war schon 15 Uhr, was wir nun tun sollten. In einem Minishop besorgten
wir uns Sardinendosen und Brot. 2 Guides waren auch bereit uns in den Urwald zu führen,
Willy und John. Der Weg wäre nicht sehr schwierig, 8 km mit dem Frontera, dann 1,5 km zu Fuß,
7 km mit dem Kanu und nochmal 1 km zu Fuß und das Camp wäre erreicht, wo wir in einfachen
Unterkünften schlafen könnten, erklärten sie uns. Also machten wir uns auf den Weg. Die 8 km
mit dem Frontera waren in einer viertel Stunde geschafft, dann gings zu Fuß über einen kleinen
Berg.
An einem kleinen Fluß, stand ein Kanu, mit dem wir auf die andere Seite gebracht wurden.
Aber das waren keine 7 km, was war los, wir hätten da wohl was missverstanden, doch so richtig
klären lies sich das nicht. Wir packten unsere Utensilien, Tonda seinen Trolly, wir unsere Rucksäcke,
und aufgeht`s, rein in den Naturwald, es war schon 17 Uhr und um 19 Uhr ist es stockdunckel.
Das Schuhwerk, Tomas hatte Turnschuhe, Tonda Sandalen, Amon Gummistiefel, und ich hatte
offene Slipper, da ich noch eine offene, noch nicht verheilte Fleischwunde am Knöchel hatte,
die von meinem Rollerunfall im Mai in der Türkei herrührte.
Nicht gerade ideal auf diesen Weg, wir mussten eine ca. 400 m lange Strecke durchqueren, die schwarz
war, vor großen Ameisen, die gar nicht einverstanden waren, dass wir in ihr Revier eindrngen. Trotz
großer, schneller Schritte krabbelten sie uns die Füsse hoch und bissen uns unter der Hose in die Beine.
Da half auch kein Schlagen gegen diese agressiven Viecher. Wir kamen uns vor wie im Dschungelcamp
bei RTL. Mir ging auch langsam die Luft aus, bei dem Höllentempo, das die anderen vorgaben.
So bieb ich mit John zurück und lies die anderen ziehen. Wir hatten allerdings keine Wasserflasche bei
uns, die hatten die anderen, aber es konnte ja nicht mehr weit sein, dachte ich.
A
Amon hat es nicht verlernt, musste früher Gemüse und Obst zum Markt tragen
Gestikulierend wollte ich von John wissen, wie weit es denn noch wäre, ich verstand noch 3 km und es
wurde dunkel. So dunkel, dass ich nicht mehr die Hand von meinen Augen sehen konnte. Keiner von
uns beiden hatte eine Taschenlampe dabei. Immer wieder tappten wir in den roten klebrigen Sumpf,
knietief und das schlimme war, dass der Sumpf mir die Slipper auszog und sie für sich behielt. Ich
müsste sie mit meinen Händen suchen und sie dem Sumpf, im wahrsten Sinne des Wortes, entreißen.
Die klebrige rote Masse ließ sich auch mit Wasser nicht wirklich abspühlen.und machte zusätzlich
Arme und Beine schwer.
Nach einer weiteren Frage, wie weit noch, gab mir John, der zunehmends nervöser wurde, zu verstehen,
1500 m. Ohne Luft und mit trockenem Gaumen quälte ich mich, in absoluter Finsternis weiter und zählte
meine Schritte. Als sich nach 1000 Schritten noch immer nichts veränderte, außer dass wir immer wieder,
in unmittelbarer Nähe, mir fremde Tierlaute hörten, fragte ich nochmal, wie weit noch? Seine Antwort
jagte mir einen Schauer über den Nacken, 2500 m. Waren wir im Kreis gelaufen? Langsam mache ich
mich damit vertraut, hier auf dem Weg zu schlafen. Ich dachte an die vielen Survival Bücher, vor allem an
die von Rüdiger Neberg, dessen Erlebnisse natürich nicht mit meinem kleinen Abenteuer zu vergleichen
sind. Ihn hatte ich vor 12 Jahren mal in Villingen-Schwenningen getroffen und wir gingen zusammen
Abendessen. Es war kurz vor meiner Bolivienexpedition im Jahr 2000. Von Ihm holte ich mir damals einige
Überlebensratschläge. Aber auch das half mir im Augenblick nichts. Ich musste weiter und zählte weiter
meine Schritte, wo waren die Anderen?? Und wenn du nicht mehr weiter weisst, geht irgendwo ein
Lichtlein auf. Und das Lichtlein war Tonda mit einer großen Taschenlampe, der uns entgegenkam, denn
auch die andern machten sich Sorgen, wo wir in dieser unbeschreiblichen Urwaldfinsternis blieben.
Mit Lampe gings dann noch einen Berg hinauf und dann waren wir am kleinen Lager angekommen. Ich war
schon fast zu matt, um was zu trinken, geschweige denn was essen. Ich wollte nur noch sitzen und
ausruhen.
Nachdem ich meine Schwächephase überwunden hatte, ging es an eine Wasserstelle zum Waschen und
Zähneputzen. Amon nahm dort gleich ein Bad, das Foto kann ich erst dann hier einstellen, wenn ich ihre
Erlaubnis bekommen habe, außerdem weiß ich nicht, ob es auf dieser Seite erlaubt ist, Nacktfotos reinzu-
stellen.
Die Nacht enschädigt dann für vieles, ein unglaubliches Urwaldkonzert, und ein toller Sternenhimmel.
Früh standen wir vor der Entscheidung, nochmal 8 km weiterzugehen, um ein Schimpansenlager zu
besuchen, oder uns gleich auf den beschwerlichen Heimweg zu machen..Wir teilten uns auf, Amon,
Tomas und Tonda gingen mit John auf Schimpansensuche, während ich mich mit Willy auf den Rückweg
machte.
Eigentlich sollte das ein Brunnen werden, aber nachdem kein Wasser zum Vorschein kam, wurde
es die Müllkippe
Erst jetzt , ohne zeitlichen Stress, konnte ich die Natur genießen. Die Urwaldriesen waren beeindruckend,
Willy, mein Namensvetter, machte mich immer wieder auf Tiere, auch Affen, aber keine Schimpansen
aufmerksam, die mir ohne ihn niemals aufgefallen wären. Wir brauchten für die 7 km bis zum Kanu fast 5
Stunden und ich hatte schon die Befürchtung, dass uns die anderen bald einholen.
D
Doch erst als ich zurück im Dorf war, mich gründlich gewaschen habe, kam die Nachricht, ich könnt
die 4 am Ausgangspunkt abholen. Gleich startete ich den Frontera und fuhr hin, denn ich konnte mir
wahrlich vorstellen, wie erschöpft sie sein mussten, nach dieser Gewattour.
Dort angekommen, erfuhr ich, dass sie keine Schimpansen angetroffen hätten und auch anderes Getier
hätten sie kaum gesehen. Ich lud sie ein und wir fuhren zurück. Auf halber Strecke tat es einen Schlag und
der Frontera qualmte. Wir stiegen aus und sahen das Kühlwasser davonlaufen. Was war passiert:
Ein Ast oder ein Stein ist in den Ventilator gekommen und hat ihn total zerstört, die Teile des Propellers
schlugen auch noch Löcher in den Kühler.
Wir rollten langsam, ohne Kühlwasser in den Ort. Dort gab es eine Werkstatt und alle wollten den Fehler
beheben. Wir mussten den Kühler dicht bringen und zusätzlich brauchten wir einen neuen Ventilator. Aber
wir befinden uns im Urwald. Ein Mechaniker fuhr 20 km mit einem Moped, dort soll sich ein Ausschlächter
mit einigen alten Autos befinden. Vielleicht wird er ja fündig, aber ich kann mir beim besten Willen nicht
vorstellen, dass sich ausgerechnet ein Frontera dort befindet. Derweil wurde der Kühler ausgebaut. Wir
versuchten, die Löcher mit Zinn zu verschweißen. Erfolgreich war das nur im kalten Zustand. Mehrfach
probierten sie die Dichtheit, aber wenn das Wasser heiß wurde, begann der Kühler zu tropfen bis ein Rinnsal
Wasser wieder herauslief. Das war also nicht die Lösung. Es wurde finster und wir erkundigten uns mal
vorsorglich, wann das nächste Wolo Wolo hier vorbeikommt. Also morgen um 11 Uhr, wenn wir unseren
Frontera nicht bis dahin fahrbereit hatten, müssen wir das auf uns nehmen und mit dem Wolo Wolo zurück
nach Abidjan fahren, Teile besorgen und wieder hierher zurückkommen..Es wurde finster und Stom gibt es
hier nicht, also Arbeit auf morgen vertagen.
Der Mechaniker kam noch zurück mit einem Propeller, zwar nicht orginal Opel, aber den könnten
wir anpassen. Ein bisschen größer ist er und die Befestigungsschrauben müssen versetzt werden.
Na gut können wir sowieso erst morgen probieren.. Nachts wurde noch ein Hähnchen für uns
geschlachtet und gekocht. Naja 2 wollten wir, € 10 haben wir pro Stück bezahlt, aber Suppe enthielt
höchstens, und das gut gemeint, nur ein Hühnchen. Mir ist der Hunger sowieso vergangen und für 3
hat es dann doch gereicht. Die Nacht verbrachten wir im Zelt und früh ging es ganz bald raus, in die
Werkstatt. Dort waren sie schon am handieren. Zinn war aus, jetzt versuchten sie den Kühler mit
flüssigen Teer zu kitten. Es sah gut aus, Dichtigkeitstest fast bestanden, er tropfte nur noch wenig.
Das könnten wir mit genug Wasservorrat, und immer wieder nachfüllen, schaffen. Nun kam der
Propeller, die Löcher leicht versetzt, er stößt auch nicht am Gehäuse an, nur ein bisschen eiern tut
er. Tonda erklärt noch, das wäre schlimm für die Belastung des Lagers, aber wir probierten es.
Nachdem wir uns herzlich bedankt und natürlich bezahlt (ungefähr € 30 + €20 für den
neuen Propeller) verließen wir Djirotou mit Bauchschmerzen.
Wir kontollierten immer wieder den Wasserstand und füllten aus dem Kanister nach. Nach 60km
hatten wir den 2. Reifenschaden, aber wir nahmen das locker hin, Hauptsache der Kühler hält.
Und wir erreichten am Spätnachmittag die Küste. Grand Berebi wollten wir zum Übernachten noch
erreichen. Dort.fanden wir bezaubernde Strände und Unterkünfte vor. Wir entschieden uns für ein
Ressort unter Schweizer Leitung. 110 Bungalows umfasste die Anlage, herrlich über einen Berghang
verteilt, geplegter Rasen und ein Swimmingpool, allerdings leer dafür weitläufiger Sandstrand. Wir
erfragten den Preis und fanden, die € 10 pro Person für eine Übernachtung, wären aktzeptabel. Wir
waren die einzigen Gäste.
Abends speisten wir noch wie die Götter für billiges Geld.
Früh am Morgen nahmen wir noch ein Bad im Meer und versprachen, irgendwann mal für ein paar Tage,
hierher zurückzukommen.
Weiter östlich fuhren wir noch "Best of Afrika" an, eine ziemlich heruntergekommene Anlage, die
besser "highest Price of Afrika" heißen sollte. Für eine Übernachtung verlangen die Nassauer € 50
pro Person, ein kleines Bier kostete über € 5, eine Unverschämtheit. Der Weg dahin ist auch mit dem
Allrad schwer zu fahren. Wer sollen hier die Gäste sein?
San Pedro und Sassandra statteten wir noch einen Kurzbesuch ab, um festzustellen, dass über-
all auf Touristen gewartet wird. 50 km vor Abidjan wurde es dunkel und es fing auch noch zu
regnen an. Außer, dass wir immer wieder Wasser nachfüllen mussten, gab jetzt auch noch der
Scheibenwischer seinen Geist auf. Das erleichterte die Fahrt auf den letzten Kilometern auch
nicht unbedingt. Wir kamen gegen 22 Uhr zurück und konnten uns am nächsten Tag wieder
unserer Baustelle widmen.
Der Frontera bekam einen neuen gebrauchten Kühler und fährt auch heute noch mit dem in
Djiroutou eingebauten Propeller.
Die Reise war ein unvergessliches Abenteuer.